Prinzipien über Methoden

Meiner Meinung nach sind Prinzipien ein wichtiger Faktor beim Aufbau von Systemen. Und bei der Suche nach den richtigen Methoden leisten Prinzipien wertvolle Unterstützung, sich auf die richtigen Methoden konzentrieren zu können. Meistens sind Menschen auf der Suche nach einem Patentrezept, einer Methode, einer Folge von Schritten, die einfach und schnell zum Ziel führen. In einer Notlage oder wenn ein Projekt kurz vor dem Abgrund steht, kann das hilfreich sein, um die Kurve zu kriegen. Langfristig führt das zu unproduktivem Methodenwechseln und einer Feuerwehrkultur, die sich nur auf die Brände konzentriert und nicht auf den Brandschutz.

Durch Prinzipien, denen ich folge, vermeide ich (meistens 😉), dass mich gefundene Methoden u.ä. immer wieder in eine andere Richtung ziehen.

Grundlegende Prinzipien

Vermeide Verschwendung

Aus der Lean Philosophie entnommen, ist Verschwendung die Mutter allen Übels. Sie führt zu Unproduktivität, Frust, Ärger, Problemen, hohen Kosten, etc. Als Grundpfeiler dienen hier die sieben Verschwendungsarten:

  • Transport – Unnötige Transporte
  • Inventory – Hohe (Lager-)Bestände
  • Motion / Movement – Unnötige Bewegungen (Mensch und Material)
  • Waiting – Wartezeiten (Mensch und Material)
  • Overproduction – Überproduktion (Alles was der Kunde nicht nachgefragt hat).
  • Over-Engineering – Über-Entwicklung (Alles was der Kunde nicht bestellt hat / benötigt).
  • Defects – Defekte, Produktfehler, Schäden, Bugs, …

Merkhilfe für die sieben Verschwendungsarten: TIM WOOD sind die Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen.

Das ist auf alle Lebenslagen und Situationen, sowie Arbeitsszenarien übertragbar. Auch wenn es aus dem Produktionsumfeld kommt, so finden sich in jedem Umfeld Bestände, Bewegungen, Wartezeiten, etc.

Beispiel ist die Wartezeit, bis Windows gebootet ist. Mein Linux benötigt nur ein Drittel der Zeit und nach der Anmeldung ist der Desktop doppelt so schnell bedienbar. Durch weniger Wartezeit entsteht weniger Verschwendung. Bei der Nutzung und dem Herunterfahren übrigens auch 😉.

Wenn in einem Unternehmen 50 Mitarbeiter jeden Morgen 30 Sekunden länger warten, bis der Rechner gestartet ist und Abends 30 Sekunden länger warten, bis der Rechner heruntergefahren ist, als bei einem Linux System, dann kommt im Jahr einiges an Wartezeit zusammen.

50 Mitarbeiter * 1 Minute * 220 Arbeitstage = 110.000 Minuten pro Jahr (183,33 Stunden pro Jahr). Das ist ein Monat Arbeit… nur mit warten zugebracht, sofern in der Wartezeit nichts produktives gemacht werden kann.

Erzeuge Fluss

Wenn die Dinge ohne Wartezeit, Lagerung, Defekte, etc. von einem Prozess zum nächsten fließen und dabei vom Kunden gezogen (gewünscht) werden, dann entstehen extrem kurze Durchlaufzeiten. Die Dinge werden schneller fertig.

Nicht nur in der Produktion, auch im Büroumfeld liegt das zu bearbeitende Gut teilweise sehr lange in Posteingängen, Regalen, Schubladen und wartet darauf bearbeitet zu werden. Meist, weil nicht mit dem PULL Prinzip gearbeitet wird, sondern die Arbeit ohne Rücksicht auf Verluste an die nächste Station geschoben wird (PUSH).

Wenn ich bei einem Computer permanent, schnell und in großer Menge Daten zur Verarbeitung eingebe wird dieser langsamer, lärmt, wird warm, noch langsamer und im Extremfall bleibt er stehen (hängt sich auf).

Es wäre schneller gegangen (auf jeden Fall mit weniger Ärger), wenn die Daten immer nur dann eingegeben worden wären, wenn der Computer wieder freie Ressourcen gehabt hätte.

Der Mensch im Mittelpunkt

Gesundheit ist das höchste Gut, das wir Menschen haben. Und wenn Menschen gesund sind und gesund arbeiten können, dann machen sie das gerne und lange. Und deshalb braucht es Pausen, Bewegung, gesundes Essen und einen Ausgleich zur Anspannung, die meist während der Arbeit herrscht.

Fokus

Weniger ist mehr. Wenn Du es eilig hast… gehe langsam.

Zeit blocken, fokussiert an wichtigen Themen arbeiten. Nicht ablenken lassen. Kein Chat, E-Mail, Social-Media, etc.

Für viele ist das nicht verständlich. Manchmal treffe ich auf dem Flur eine Kollegin oder einen Kollegen, die mich irgendetwas fragen. Nach meiner Antwort sagen sie häufig: „OK, Du brauchst mir auf meine Teams-Nachricht nicht mehr antworten.“ Wenn ich dann frage, wann Sie die geschickt hatten, ist die Antwort meist, vor 30 Minuten. Die Erwartungshaltung ist (genährt durch unsere schnelllebige und digitale Zeit) dass Du immer „online“ bist und bei jeder Nachricht sofort alles stehen und liegen lässt. Auch, dass ich nicht immer ans Telefon (Teamsanruf) gehe können viele nicht verstehen. Aber, wenn ich arbeite, dann arbeite ich und rufe später zurück.

Und genau das sind die Kolleginnen und Kollegen, die entweder kurz vorm Kollaps stehen, aber alles irgendwie geregelt kriegen oder die, die in den Meetings schlecht vorbereitet sind bzw. ihre Aufgaben in den Projekten nicht oder nur oberflächlich bearbeitet haben. Klar, wenn alles gleich wichtig und dringlich ist und immer direkt beantwortet wird, dann bleibt keine Zeit fürs fokussierte Arbeiten. Und wenn alles erledigt wird, auch wenn es nicht notwendig wäre (vieles erledigt sich nämlich von selbst 😉) oder nicht wichtig ist, um voranzukommen, dann wartet um die nächste Ecke der Burnout.

Nein… ist hier ein gutes Wort, das nett verpackt die eigenen Ressourcen fokussiert, schont und zur richtigen Zeit für die richtige Sache einsetzt.

Und… nein! Natürlich gibt es Phasen oder Situationen, da geht es auch über die eigenen Energiegrenzen hinaus, da müssen wichtige Dinge erledigt werden und dann hat der Tag nicht nur acht Arbeitsstunden. Aber dann sind das auch die wichtigen Dinge, die erledigt werden. Meist erzeugt, durch „Murphy“ oder ein Containerschiff, das in irgendeinem Kanal feststeckt.

Prinzipien des Produktivitätssystems

Für mein Produktivitätssystem habe ich Prinzipien herangezogen und für mich angepasst, nach denen ich mein System aufgebaut habe. Danach habe ich die Software ausgewählt und die Struktur erstellt.

7-Ordner, P.A.R.A. & GTD ist die Basis

7 Ordner (Elemente) je Ebene und max. 3 Ebenen bilden das primäre Prinzip, das ich zu erfüllen versuche. Ein wenig Arbeit liegt hier noch vor mir, um das wirklich zu erreichen 😉.

P.A.R.A. und GTD liefern weitere Ansätze für Prinzipien in der Bearbeitung von Aufgaben und der Ablage der eingehenden Artefakte.

Das sind Methoden, denen gewisse Prinzipien zugrunde liegen. Die Prinzipien sind das Wichtige, nicht die genaue Adaption / Kopie der Methoden. Die wichtigsten aus diesem Umfeld, aus meiner Sicht:

  • Erledige alles, was weniger als 2-3 Minuten benötigt sofort, weil es länger dauert das zu planen, als es sofort zu tun.
  • Damit das funktioniert nutze Zeitblöcke, um dem Prinzip zu folgen „die Eingänge zu bearbeiten und nicht nur durchzuschauen“.
  • Das Prinzip der One-Todo-List. Alle Aufgaben finden sich an einem Ort.
  • Das Prinzip des „Mind Like Water“. Alles kommt in den Kalender, auf die Aufgabenliste oder in die Inbox, um es später zu sortieren und umzusetzen. Ziel ist es, den Kopf frei zu bekommen.
  • Dem Prinzip „Du bist OK, ich bin OK“ und nicht gemachte Aufgaben sind OK. Wenn Aufgaben nicht erledigt werden, ist es wichtig, dass das bewusst entschieden und kommuniziert wird. So entsteht die Möglichkeit zu priorisieren und neu zu planen.
  • Dem Prinzip „Nicht jede Aufgabe braucht ein Datum“. Die nicht erledigten roten machen ein schlechtes Gewissen und das permanente neu terminieren kostet wertvolle Zeit. Wozu dient denn sonst die „Someday / Maybe“ Liste 😉.

Kein Verschieben von Dateien

Einmal abgelegt, verbleiben Dateien an ihrem Ort. Entgegen der PARA-Methode, bei der Dateien verschoben, kopiert, eingefügt und weitergeschoben werden können, je nach Stadium, in dem sich eine Datei befindet.
Auf Links verzichten. Mindestens sicherstellen, dass Links intakt bleiben.

  • Links online im Cloudsystem generieren. Einige Cloudsysteme generieren Links, die unabhängig vom Ordner oder dem Pfad sind. So können Dateien auch umbenannt oder verschoben werden.
  • Relative Links verwenden, wenn diese lokal gesetzt werden. So bleiben diese unter bestimmten Umständen intakt. Wenn z.B. eine komplette Struktur von Ordnern verschoben wird, in der alle verlinkten Dateien abgelegt sind.

Aber grundsätzlich… Verzichte auf Links. Denn wenn Du das Cloudsystem wechselst… oder den Rechner, oder … das ist ein Graus.

Immer mit Datum

Dateinamen fangen mit dem Datum ihrer Erstellung an, gefolgt von einem Unterstrich _
Format ist immer YYYY-MM-DD
Notizen, Dokumente, etc. bekommen immer das Datum der Erstellung im Text hinzugefügt. Entweder automatisch durch die Software oder manuell.

Über die Jahre habe ich öfter die Computer gewechselt, wie auch die Betriebssysteme. Einige Backups habe ich wieder eingespielt und dabei ist immer wieder mal das Erstelldatum auf den Tag festgelegt worden, an dem die Daten von der externen Festplatte auf den Rechner kopiert wurden. Da ist es vorteilhaft, wenn der Dateiname das Erstellungsdatum enthält.

Sortieren nach Datum ist dadurch immer und ohne Umstand möglich.

Gleiche Grundstruktur auf allen Plattformen

Dateiablage, Notizen, (Papierablage), reMarkable2, Smartphone, etc. Überall findet sich die gleiche Struktur. Alle nicht benötigten Dinge werden nicht übernommen bzw. Ordner nicht leer angelegt.

Auf dem reMarkable machen viele Ordner keinen Sinn, da dort nur handschriftliche Notizen erstellt und eBooks gelesen werden. Somit finden sich dort nur die nötigen Strukturen. Stattdessen arbeite ich dort mit Tags.

Tags, Map of Content (MoC), Table of Content (ToC) nutzen, um die Struktur abzubilden, wenn das nicht über Ordner oder Listen möglich ist. Zum Beispiel ist es nicht möglich in Logseq Ordner anzulegen und die Struktur meines Rechners abzubilden.

Mehr zu meiner Grundstruktur in einem anderen Beitrag…

Plattformunabhängigkeit erreichen & erhalten

Anwendungen nutzen, die auf allen „Major“-Plattformen verfügbar sind. Somit ist ein Wechsel einfacher, wenn z.B. Linux von der Erdoberfläche verschwindet oder Microsoft pleite ist 😉.

Offene Dateiformate nutzen

  • Markdown
  • Open Document Formate
  • Reiner Text (txt)

Bei offenen Dateiformaten ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese von mehreren Endanwendungen vollständig unterstützt werden. Eine Word Datei *.docx wird vollständig von Microsoft Word unterstützt. Libre Office kann diese öffnen und bearbeiten, aber unter Umständen nicht vollständig korrekt anzeigen oder alle eingebauten Features darstellen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass OpenOffice und LibreOffice, sowie OnlyOffice oder Collabora ein Open Document Text *.odt vollständig wiedergeben können ist gegeben. Und wie ihr sehen könnt, gibt es mehrere (Online) Office Suiten, die offene Dateiformate, wie die Open Document Formate bearbeiten können. Freie und quelloffene Software und Dateiformate führen zu einer größeren Vielfalt, als in der geschlossenen (closed source) Software Welt.

Wenn proprietäre Dateitypen nötig sind, muss die Anwendung plattformübergreifend zur Verfügung stehen. Ist das nicht realisierbar, dann muss die plattformspezifische Anwendung langfristig am Markt etabliert sein.

Etablierte Dateitypen & Anwendungen nutzen.
Sicherstellen, dass junge Anwendungen (Firmen) mit etablierten offenen Formaten arbeiten.

  • Beispiel: Logseq mit Markdown

Proprietäre Formate nur einsetzen, wenn die Anwendung (Firma) einen gewissen Reifegrad erreicht hat.

  • XMind für Mindmaps existiert seit 2006.
    (Hier überlege ich gerade, auf Mindomo umzusteigen, da diese einige Vorteile aufweisen. Vor allem die Cloud innerhalb der EU und DSGVO-Konformität. Aber auch eine auf allen Plattformen gleiche Funktionsweise, sogar auf dem Smartphone.)

Nicht auf jedes Pferd aufspringen und sofort wechseln.

Nur, wenn es wirklich triftige Gründe gibt. Diese wären zum Beispiel:

  • Die Flucht aus dem Lock-In bei Microsoft.
  • Die eigenen Daten wirklich in Deutschland, bei einem deutschen Unternehmen, in deutschen Rechenzentren, der DSGVO entsprechend und Ende-zu-Ende verschlüsselt speichern können.
  • Die Hardware länger nutzen zu wollen, um unseren Planeten zu schonen und deshalb zu Linux wechseln.

Eine altbackene Optik reicht nicht als triftiger Grund 😉

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